Pressespiegel zum geplanten Naziaufmarsch am 9.12.

Kölner-Stadtanzeiger vom 24.11.00

Demo "im luftleeren Raum"
Zum dritten Mal binnen zweier Jahre werden rechte Gruppierungen durch Köln ziehen. Ähnlich wie jüngst in Düsseldorf will die Polizei den Zug der Rechten nördlich der City in der Nähe des Rheinufers führen. Möglichst unbemerkt von der Bevölkerung werde "er im luftleeren Raum stattfinden", sagte Kölns Leitender Polizeidirektor Winrich Granitzka. Die Veranstalter der Kundgebung rechnen mit 600 bis 800 Teilnehmern. Die Polizei stellt sich auf einen heißen Samstag ein. Antifa-Gruppen haben zu einer Gegendemonstration am Offenbachplatz aufgerufen. Deren Organisationsleiter, Ratsherr Jörg Detjen, will am Freitag mit dem Verein "Öffentlichkeit gegen Gewalt", Vertretern von SPD, FDP, der "Arsch huh"-Initiative die Chancen für ein breites Bündnis gegen Rassismus ausloten. Zahlreiche Prominente wie der Kabarettist Jürgen Becker und der Schriftsteller Ralph Giordano haben Detjen ihre Unterstützung zugesagt. Die Polizei will mit bis zu 3000 Beamten verhindern, dass es zu Zwischenfällen kommt. Hätte Einsatzchef Granitzka einen Wunsch frei, dann den, dass alle gesellschaftlichen Gruppen der Stadt an jenem Tag ein deutliches Signal gegen rechts zeigten.

Kundgebung am 9. Dezember - Polizei erlaubt rechten Aufmarsch
Die beiden Männer hatten sich für das Gespräch mit der Polizeispitze zur Koordinierung der rechtsex tremen Kundgebung am 9. Dezember in Köln gut präpariert. Paul Breuer, seit Jahren Dauer-Anmelder rechtsextremer Kundgebungen in Nordrhein-Westfalen, führte seinen Gesinnungsgenossen Axel Reitz, Führer des rechtsextremen Kampfbundes Deutscher Sozialisten (KDS), im Schlepptau. Demoleiter Breuer kehrte betont den Chef heraus; Reitz, mehrfach vorbestraft wegen Volksverhetzung und Anführer der Kameradschaft Köln, hielt sich wohlweislich im Hintergrund. Schließlich hatte die Polizeiführung im Vorfeld betont, es werde von dem Gespräch abhängen, ob man Gründe für ein Versammlungsverbot finde, die auch vor den Verwaltungsgerichten standhalten würden. Somit firmierte der Neo-Nazi Reitz einzig als Begleiter Breuers. Der ist strafrechtlich unbescholten und als Anmelder eine gute Besetzung. Auch wenn die Sicherheitsbehörden ihn nicht für den Kopf des Ganzen halten. Eher beiläufig erklärt Breuer der Polizeispitze, dass der Ultranationale Hamburger Christian Worch als stellvertretender Versammlungsleiter auftreten wird. Worch gilt nach Angaben der Hamburger Verfassungsschützer seit seiner Haftentlassung 1997 als "strategischer Kopf" der rechtsextremen Szene. Worch hatte sich auf einer Berliner Kundgebung hinter NS-Aktivisten gestellt, die auf einem Spruchband Freiheit für den Polizistenmörder Kay Diesner gefordert hatten. Der NS-Aktivist soll unter anderem laut Verfassungsschützern in Hamburg beim norddeutschen Aktionsbündnis zur Koordinierung örtlicher Kamerad- schaften mitmischen. Und weil die Ultranationalen sich im deutschen Versammlungsgesetz bestens auskennen, werden die Demonstrationen häufig durch unscheinbare Strohmänner angemeldet. Um den Gesprächspartnern von der Kölner Polizei keinerlei Angriffsfläche für ein Demonstrationsverbot zu liefern, hat der Rechtsaktivist Breuer den braunen Protestzug auch unter dem Namen einer Bürgerinitiative angemeldet. Der Aufmarsch wirbt für mehr Toleranz gegenüber "so genannten Neonazis". Sein Begleiter Reitz hatte früher härtere Töne angeschlagen. In einer Kölner Kneipe hatte er vor einem Häuflein Rechter gedroht, politische Gegner "auf dem Marktplatz erschießen" zu lassen. Breuer und Reitz erreichten ihr Ziel. Kölns Leitender Polizeidirektor Winrich Granitzka sagte: "Wir glauben zwar, dass der Kampfbund Deutscher Sozialisten dahinter steckt, aber beweisen kann man es nicht." Und auch diese etwa 80 Mann starke braune Splittergruppe ist keine verbotene Organisation. Rechtlich habe es keine Gründe gegeben, die Kundgebung zu verbieten, die vor dem Verwaltungsgericht standgehalten hätten. Geradezu machtlos stehen die Sicherheitsbehörden der Demo-Taktik der braunen Strategen gegenüber. Nach dem Verbot zahlreicher neonazistischer Organisationen in den 90er Jahren hat sich die rechtsradikale Szene in kleine autonome Kameradschaften organisiert. Deren Mitglieder marschieren auch auf NPD-Kundgebungen mit. Das Ziel der rechtsradikalen Vordenker ist es, mit Hilfe der Kameradschaften ein Netzwerk "des Nationalen Widerstandes" zu knüpfen. Seit Tagen wirbt Worchs Aktionsbüro via Internet für die Kölner Demo. Gleiches soll für einige Seiten von regionalen NPD-Organisationen gelten. Die Siegener Kameradschaft "Bärensturm", die schon bei den Hooligan-Schlägereien während der letzten EM und auch der Weltmeisterschaft dabei gewesen sein soll, hat auf ihrer Homepage ebenfalls ihr Erscheinen in Köln angekündigt. Längst haben Neonazi-Kader das Internet für ihre Zwecke entdeckt. Doch sie stoßen auf Widerstand. So findet die Homepage der NPD-Köln schon seit mehr als drei Monaten im Netz nicht mehr statt. "Wir haben die Domain gesperrt", sagte ein Sprecher des Domain-Providers "FreeCity". Auch nach anderen rechtsextremen Gruppierungen durchforstete die Duisburger Firma ihre Kundenkartei. "Wir wollen solche Seiten bei uns nicht haben", so der Firmensprecher.

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