Antifaschistisches Autorenkollektiv 11.12.00

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"Nazis sind unkölsch!"
Köln: 25.000 Menschen demonstrierten gegen Neonaziaufmarsch

"Ein anständiger Aufstand gegen rechts" sei das gewesen, kommentierte Jörg Detjen, Kölner PDS-Ratsherr und Anmelder der von der Kölner "Antifa K" initiierten Demonstration, die Proteste gegen den Neonaziaufmarsch am Samstag in Köln. Bereits um 9.00 Uhr hatten sich 10.000 Menschen auf dem Offenbachplatz versammelt und waren zur Kundgebung auf den Friesenplatz gezogen, wo sich weitere 15.000 Menschen einfanden. Neben einem von der Kölner Künstlerinitiative "Arsch huh, Zäng ussenander!" organisierten kulturellen Rahmenprogramm mit prominenten Kölner Bands und Künstler wie BAP und Brings, waren vom WDR live übertragene Reden der Kampagne "Kein Mensch ist illegal", der "Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit" und der "Antifa K" zu hören, in denen nicht zuletzt auch deutlich Stellung gegen staatlichen Rassismus bezogen wurde. "Wenn ‚Fremde Freunde sind', wie NRW-Ministerpräsident Clement beteuert, wieso werden sie dann eingesperrt und abgeschoben, diffamiert und diskriminiert?", brachte eine Rednerin das Thema auf den Punkt. Politprominenz suchte man vergeblich auf der Bühne und in der Veranstaltungsleitung. CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma, der kürzlich noch auf einer 5.000-köpfigen Schülerdemonstration gegen Rechts unisono ausgepfiffen worden war, ließ sich nur kurz am Rande der Kundgebung sehen. Eine der Kundgebung folgende Spontandemonstration führte über 20.000 Menschen in die Nähe der Demonstrationsroute der Neonazis. Wenige hundert Meter entfernt hatten sich 150 Neonazis zu einer vom "Gau Rheinland" des "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) organisierten Demonstration versammelt, um für "Meinungsfreiheit auch für sog. ‚Neonazis'" zu demonstrieren. Beim am 1.5.99 KDS gegründeten und in der Neonaziszene nicht unumstrittenen KDS handelt es sich um eine bundesweite Organisation mit starker Anbindung an die "Freien Kameradschaften", die der angeblich "mittlerweile erfolgten Annäherung 'rechter' und 'linker' Sozialisten für die Bündelung revolutionärer sozialistischer Energien und Gedanken" nutzen und der "weltweiten Verschwörung von Politik und Kapital" einen "auf die nationalen Erfordernisse zugeschnittenen deutschen Sozialismus entgegen"setzen möchte. Das vom Kölner Polizeipräsidenten ausgesprochene Verbot des von dem Hamburger Neonazi Christian Worch und dem Kölner KDS-Aktivisten Paul Breuer angemeldeten Aufmarsches war am Vortag vom Verwaltungsgericht Köln mit Auflagen außer Kraft gesetzt worden. Mehrere tausend Polizisten waren nötig um zu verhindern, daß Gegendemonstranten den Aufmarsch wie schon am 22.5.1999 stoppten. Trotzdem gelang es kleineren Gruppen immer wieder, auf die Route zu gelangen und den Aufmarsch durch symbolische Blockaden zum Anhalten zu zwingen. Insgesamt 30 Gegendemonstranten wurden hierbei festgenommen. Obwohl der Aufmarsch der Neonazis letztendlich nicht verhindert werden konnte, werteten alle Gruppen der beteiligten Bündnisse "Köln stellt sich quer" und "Kölner Bündnis für eine Gesellschaft ohne Rassismus" die Gegenaktionen als Erfolg. Michael Bernhard, Sprecher der "Antifa K": "Über 20.000 Menschen hat es nicht mehr gereicht, Betroffenheit zu zeigen, sondern haben aktiv bei dem Versuch mitgewirkt, den Naziaufmarsch zu verhindern". Ob sich das stark auf Lokalpatriotismus orientierende Kölner Model allerdings auch auf andere Städte übertragen läßt blieb offen. "Wir sind Kölner und Ihr nicht!", schlug der Kölner Express ernsthaft als zu rufende Parole vor; denn: "Nazis sind unkölsch". Der nächste Neonaziaufmarsch folgt in wenigen Tagen am 16.12. in Dortmund.

Pierre Briegert