FUTURE NR. 11 November/Dezember 1999

Einleitung

In letzter Zeit ist einiges passiert: die Hetzereien des FOCUS, der Rauswurf von Christian Kapke aus dem MASSIV aufgrund einiger Flugblattaktionen und Telefonanrufe, der Faschostreß auf dem Rummel usw. Eigentlich sind das alles Themen für die berüchtigte Seite „Das Letzte...“, die diesmal leider ausfallen mußte aufgrund einiger anderer Sachen. Es ist hoffentlich verständlich, daß die FUTURE den Blick ein wenig über den Tellerrand hinaus heben möchte, sprich: Die LeserInnen sollen auch einen Blick für das Geschehen anderswo behalten. Jenaer Probleme, die auf die eine oder andere Art schon behandelt wurden, sollen nicht immer wieder und wieder durchgekaut werden. Das langweilt und macht auch den schreibenden Personen keinen Spaß. Schade, daß einige Leute ihre versprochenen Texte nicht rechtzeitig fertigbekamen, aber ewig warten macht keinen Sinn. Ihr wollt ja lesen. Also, auf ins Vergnügen und reichlich Antworten und Fragen an uns nicht vergessen! Die nächste FUTURE gibt es im Februar, und deshalb an dieser Stelle keine „Ach-so-tollen-Wünsche“ für das nächste Jahrtausend – die gibt es erst in einem Jahr. Natürlich könnt Ihr feiern wie Ihr lustig seid, aber unsereins kann wenigstens rechnen. Mathematik bleibt Mathematik! Egal, wer von Euch feiern will, soll dies tun: z.B. in Halle, da wollen die Doofköppe der NPD „das nächste Jahrtausend als das des Nationalismus“ feiern... Hahaha, die sind zum Scheißen zu doof, die können wirklich nicht rechnen. Höchstens mit uns, denn da gibz was auffe Fresse zu Silvester! Da können die gleich die Weihnachtskohle in Zahnersatz umsetzen! Sollte das aus irgendwelchen Gründen ausfallen, die AAB macht in Berlin einen Silvesterumzug, und auch in Bremen und anderen Städten wird’s wohl mal wieder scherbeln. Viel Spaß bei Eurer Wahl.

 

Einleitung.. 2

Jenaer Burschenschafter schaffen Verbindungen. 4

Aufruf zur Solidarität mit überfallenem Steinmetz. 6

NeuheidInnen III 9

Todeslisten und Morde in Schweden. 30

Ausnahmezustand bei WTO-Konferenz in Seattle. 47

ANARCHIST BLACK CROSS: DENK DARAN - WIR SIND IMMER NOCH DA. 78

Presseerklärung: Polizei sucht nach "inoffiziellen Mitarbeiter(inne)n". 112

Anna! Arthur! Haltet die Schnauze! 134

 

POST WIE IMMER AN: the.future.is.unwritten@gmx.net


Jenaer Burschenschafter schaffen Verbindungen

NPD – THS (Thüringer Heimatschutz) – DB (Deutsche Burschenschaft)

 

 

Am 1. Dezember 1999 lud die Burschenschaft „Jenensia“ zu einem Vortrag mit dem Thema „Wiedergutmachung und kein Ende?“ ein. Als Referent sprach Peter Dehoust, der zur Zeit Mitherausgeber der wichtigsten neofaschistischen Zeitschrift „Nation und Europa“ ist. Gegen die Veranstaltung mobilisierte ein breiter Widerstand. Neben dem Jugendpfarrer und dem Gewerkschaftssekretär der IG Metall Jena, bildete sich ein „Aktionsbündnis gegen Rechts“. Der Widerstand des Antifa-Bündnisses richtete sich auf eine Blockade der „Jenensia“, anschließend führten die mehr als 150 TeilnehmerInnen der Aktion eine Spontandemonstration in die Innenstadt durch.

Die Burschenschaft „Jenensia“ führte nicht zum ersten Mal rechte Veranstaltungen durch. Bereits 1994 dokumentierte das ZDF in einer Reportage die „Jenensia“ als rechtslastig. Die „Jenensia“ ist seit 1991 Mitglied der rechtskonservativen Deutschen Burschenschaft (DB) und stellte im Sommersemester 1999 den hochschulpolitischen Sprecher. Von der DB hatte sich bereits im Januar 1996 die Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) abgespalten. Ursache für den Bruch war unter anderem die rechtsextremen Ansichten der DB. Innerhalb der DB ist die „Jenensia“ seit 1992 in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) organisiert. Diese bildet einen inneren Führungszirkel innerhalb der DB. Ihr Ziel ist eine „national-konservative Verbandspolitik“. In Jena stellt sich diese „national-konservative“ Politik in zahlreichen rechtsextremen Veranstaltungen dar. So sprach zum Beispiel Alfred Mechtersheimer in der „Jenensia“ zum Thema: “Partei oder Bewegung – Ist Deutschland noch zu retten?“. Allein 1999 wurden drei rechtskonservative Referenten eingeladen. Mit der Organisation der Veranstaltungen bei der „Jenensia“ wurde der Burschenschafter Dirk Metzig betraut. Metzig ließ es sich bereits (1997) nicht nehmen, in Magdeburg zu demonstrieren. Der erste Referent 1999 bei der „Jenensia“ war Dr. Rolf Sauerzapf. Er referierte am 2.Juni 1999 über das Thema „Auslandsdeutschtum“. In seinem Vortrag berichtete er über die „Sudetendeutschen“ und ihre Vertreibung nach 1945. Der historischen Kontext der Besatzungszeit während des Nationalsozialismus von 1938-1945 wurde mit keinem Wort erwähnt. Zu der Veranstaltung erschienen nicht nur Burschenschafter von der „Jenensia“, sondern auch von anderen Burschenschaften aus Jena. Ebenfalls anwesend waren Jörg Krautheim aus Gera (VISDP des rechtsextremen THS), sowie Andre Kapke (NPD-Kreisverband Jena). Der zweite Referent war Peter Lothar Groppe. Dieser referierte am 3. November zum Thema: „Wehrmachtsausstellung – Ein zweifelhafter Umgang mit historischen Fakten“. Bei dieser Veranstaltung waren ebenfalls Vetreter des THS und der NPD anwesend. Neben zahlreichen Anekdoten aus dem 2. Weltkrieg erzählte Groppe: „Ich meine, man müßte auch, wenn man sich über die nicht zu entschuldigenden Verbrechen von vor 50 Jahren oder auch länger aufregt, einmal fragen, was denn unsere Gesellschaft dazu sagt, daß Jahr für Jahr Hunderttausende Kinder im Mutterleib ermordet werden.“

Der bisher bekannteste Rechtsextremist, der in der Burschenschaft „Jenensia“ sprechen sollte, ist Peter Dehoust. Der Versuch der Burschenschaft „Jenensia“, mit einer angeblichen Absage des Referenten Dehoust den Widerstand des „Aktionsbündnis gegen Rechts“ zu umgehen, mißlang. Durch die Blockade der AntifaschistInnenen wurde Dehoust gezwungen, durch den Hintereingang die „Verbindungsetage“ zu erreichen. Den Personenschutz für Dehoust bildeten 3 Naziskins des THS. Einer der Nazis griff den Kameramann des „Offenen Kanals Jena“ an, so daß die Polizei gezwungen war, einzuschreiten. Erst nach ausgiebiger Diskussion wurde die Presse (TLZ – Thüringer Landeszeitung und OTZ – Ostthüringische Landeszeitung) zu der „öffentlichen“ Veranstaltung zugelassen. Auch mit dem Schutz der Veranstaltung wurde der militant-rechtsextreme THS beauftragt. Der Thüringer Heimatschutz wurde vor allem bekannt durch drei BombenbastlerInnen. Diese hatten im Januar 1998 in einer Garage im Jenaer Stadtteil Burgau mehrere Rohrbomben zusammengebaut. Die Polizei beschlagnahmte außerdem TNT, Waffen und neonazistisches Propagandamaterial. Die TäterInnen konnten anhand der Fingerabdrücke identifiziert werden, sind aber zur Zeit auf der Flucht. In diesem Zusammenhang wurde ebenfalls gegen Andre Kapke (NPD-Jena, THS) ermittelt, der ein sehr enger Freund der flüchtigen BastlerInnen ist.

Während der Veranstaltung wunderte sich Dehoust über den enormen antifaschistischen Widerstand. Er behauptete, so etwas seit 25 Jahren nicht mehr erlebt zu haben. An der Veranstaltung nahmen ungefähr 35 Burschenschaftler teil. Da die Burschenschaft „Jenensia“ aus ca. 13 aktiven Mitgliedern besteht, müssen auch andere Jenaer Burschenschafter an der Veranstaltung teilgenommen haben. Zwei Ereignisse in Jena sind beispielhaft für das Verhalten anderer Verbindungen im Bezug zum Rechtsextremismus. So veranstaltete die Burschenschaft „Teutonia“ am 20. April 1999 eine inoffizielle „Führergeburtstagsfeier“. Mit der „Arminia“ beschäftigte sich die Studentenzeitung Akrützel in der Ausgabe vom 14.51999. Nach einer Veranstaltung der „Arminia“ mit dem Thema „Zukunft durch Tradition“ wurden mehrere Gäste mit „Kanakenhuren“ und „Ihr gehört in der Saale ertränkt!“ beschimpft. Einige Burschenschafter wollten einen Schlagabtausch „Mann gegen Mann“ und legten dazu die Markenjackets ab.

 Bei Dehoust waren nebenbei 5 Vertreter des THS und der NPD anwesend sowie Dr. Heinz Joachim Schneider, REP-Vorstand in Jena. Die THSler hatten sogenannte „Ehrenbänder“ der Burschenschaft „Jenensia“ angelegt. Ein Vertreter der „Jenensia“ bestätigte, daß Mitglieder des THS/NPD Ehrenmitglieder der Burschenschaft seien. Gegenwärtig arbeitet das Gründungsmitglied des THS und Zuhörer an diesem Abend Tino Brandt beim rechtsextremen Verlag „Nation und Europa“. Dadurch besteht ein enger Kontakt zum militanten Rechtsextremismus des THS. Es ist daher auch nicht verwunderlich, daß in der Ausgabe 7/8-1999 von „Nation und Europa“ eine Veranstaltung mit Dr. Claus Nordbruch (Hilfskomitee Südafrika) in Jena geworben wurde. Der THS trat dabei als Veranstalter auf und mietete einen Jugendklub der Stadt an. Laut der OTZ war die verantwortliche Sozialarbeiterin mit der Situation völlig überlastet, so daß der THS ungehindert die Veranstaltung durchführen konnte. Neben den Kontakten zum militanten Rechtsextremismus verfügt die „Jenensia“ ebenfalls Beziehungen zur CDU/FDP in Jena. Die Alten Herren Dr. Hans Joachim Wagner für die CDU und Dr. Vogt für die FDP sitzen im Stadtrat von Jena. Dr. Wagner ist sogar im Vorsitz des Altherrenverbandes der „Jenensia“ und damit direkt verantwortlich für die Finanzierung von rechtsextremen Vorträgen. Zur Zeit distanzieren sich die Alten Herren von ihrer Burschenschaft „Jenensia“. Sie stellen sogar eine Auflösung der „Jenensia“ aufgrund der Kontakte zum THS/NPD in Aussicht, wenn keine Einigung mit den aktiven Burschenschaftlern erzielt wird. Dieser Sinneswandel ist mehr als verwunderlich. So hat die Burschenschaft „Jenensia“ nachweislich seit vielen Jahren engste Kontakte zu Rechtsextremisten. Ein weiterer Alter Herr ist der Immobilienmakler Matz. Dieser stellt der „Jenensia“ ihre „Verbindungsetage“ zur Verfügung und unterstützt sie finanziell. Ob Herr Matz weiterhin die Hintertür für Rechtsextremisten aufhält? Ob Herr Dr. Wagner so tut als ob er nie etwas von den Kontakten „seiner“ Burschenschaftler gehört hat? Das alles wird die Zukunft zeigen. Die Stadt Jena und ihr Stadtrat haben bisher die Burschenschaften als „Standortfaktor“ hofiert.

 

                                                                                   Autonome Antifaschistische Gruppe Jena

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Aufruf zur Solidarität mit überfallenem Steinmetz

 

 

Vor einigen Wochen wurde der jüdische Friedhof in Berlin Weißensee überfallen. Dabei sind über hundert Grabsteine zerstört worden. Die TäterInnen konnten nicht ermittelt werden. Einige Steinmetze erklärten sich darauf bereit, die Steine als Akt der Solidarität unentgeldlich zu reparieren. Die Presse berichtete darüber. Einer der Steinmetze erhielt danach telefonische Morddrohungen, die eindeutig rechtsextremistisch und antisemitisch motiviert waren. Am vergangenen Wochenende (27./28.11.1999) schließlich zerstörten Unbekannte die Werkstatt dieses Steinmetz. Es entstand ein Sachschaden von über DM 80.000, der durch seine Versicherung nicht gedeckt ist.

In der Öffentlichkeit hat der Anschlag auf den Friedhof kaum Aufsehen erregt. Rechtsextrem motivierte Straftaten gehören besonders in den neuen Bundesländern inzwischen zum Alltag. Eine weit verbreitete Jugendkultur, die sich antihumaner, antisemitischer, rassistischer Bilder und Verhaltensweisen bedient, wird von vielen Erwachsenen geduldet oder sogar befürwortet. Der Racheakt gegen den Steinmetz hat das Ziel, engagierte BürgerInnen einzuschüchtern. Wenn dies gelingt und Personen, die auf solche Weise existenziell bedroht sind, nicht offensiv unterstützt werden, dann werden Zivilcourage und Engagement immer mehr zur seltenen Ausnahme. Wer immer sich durch sein Handeln für die Grundwerte der Demokratie einsetzt, muß es in der Gewißheit tun können, selbst auch Solidarität durch die Gesellschaft erfahren zu können.

Die Amadeu-Antonio-Stiftung ruft deshalb zu einer Spendenaktion für den Steinmetz auf. Unter dem Stichwort "Steinmetz" sammelt die Stiftung Geld, um den entstanden Sachschaden an der Werkstatt wenigstens in Teilen zu ersetzen. Bitte beteiligen Sie sich an dieser Aktion. Der Betroffene braucht jetzt praktische Hilfe.

 

Amadeu Antonio Stiftung

Initiativen für Zivilgesellschaft und demokratische Kultur

Chausseestraße 29

10115 Berlin

Tel: +49-30-28 39 05 43

Fax: +49-30-238 43 03

 

FGM-Konto der Amadeu Antonio Stiftung

Deutsche Bank Heppenheim

Konto-Nr.: 034059627

BLZ: 509 700 04

Stichwort: Steinmetz

 

 

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NeuheidInnen III

 

Im dritten und letzten Teil soll es um neuheidnisch-rechtsextreme Gruppierungen in Thüringen gehen, und da gibt es schon einiges zu berichten. Zu kurz gekommen ist bisher ist der Bereich „Neuheidenmusik“, und gerade da ist in Thüringen nicht alles im „rechten Lot“. Es tummelt sich da eine Vielzahl faschistoider Gruppen. Besonders hervorzuheben ist hier die Band „Absurd“ um den Nazi und Mörder Hendrik Möbus. Möbus und seine Band ermordeten einen Mitschüler, weil er ein „Volksschädling“ gewesen sei. Natürlich „führte“ sich Möbus im Knast gut und wurde vorzeitig entlassen – kein Wunder, sitzen in Thüringer Knästen doch fast ausschließlich „Kameraden im Geiste“. Kaum aus dem Knast entlassen, beging er erneut Straftaten, u.a. Zeigen des Hitlergrußes. Außerdem rechtfertigte er die Ermordung des Mitschülers, er wäre ja schließlich „lebensunwert“, und im Dritten Reich wäre die Tötung „eines Volksschädlings“ nicht strafbar gewesen. Dafür steht er gerade vor einem Berliner Gericht. Weiterhin baute Möbus ein Plattenlabel („Darker Than Black“ inklusive Versand auf. Der Versand soll einer der größten Deutschlands für rechtsextreme Musik geworden sein. Woher aber bekommt jemand wie Möbus seine abstrusen Ideen?

In Norwegen entwickelte so um die Mitte der 80er Jahre eine Metal-Szene, die irgendwann auf die Idee kam, sie müßte noch härter in musikalischer wie menschlicher Hinsicht werden. Musikalisch spielten sie daraufhin Black Metal, so richtig mit Tierlauten und Opferungsgeräuschen. Menschlich hielten sie sich für die wahren Nachkommen der WikingerInnen und suchten einen religiösen Weg zu ihnen. Natürlich sind die heidnischen Gebräuche der WikingerInnen/GermannInnen schon lange tot, aber ein Hohlraum hinter der Stirn will schließlich gefüllt werden. Und so kamen sie auf die Idee, Kirchen anzuzünden: einerseits, weil die christliche Religion die germanische verdrängte, andererseits wurde schnell klar, daß diese neuheidnische Black-Metal-Szene auch antisemitisch war – Jesus als Jude war da ein willkommenes Feindbild. Aber schnell dividierte sich die Szene auseinander, und fing an, sich selbst gegenseitig umzubringen (phantastische Idee!!!). Dennoch oder auch gerade wegen der Dummheit und Blutigkeit der NorwegerInnen fanden sie schnell NachahmerInnen in ganz Europa. So auch Möbus und seine Brüder.

Leider blieb es aber nicht bei der Möbus-Bande. In Thüringen gab es schon immer eine relativ starke Metal-Szene jeglicher Richtungen. Neuerdings häuft sich aber die Anzahl der „MattenschwingerInnen“, die Aufnäher mit der Aufschrift „Black Metal Thüringen“ tragen. Da sollte ein Auge draufgeworfen bleiben!

 

Natürlich gibt es nicht nur rechte Blackmetaller, es gibt auch die völlig unübersichtliche Gruftiszene. Auch dort tendiert ein großer Teil der Leute nach rechtsaußen. Die Motivation ist etwas anders als bei den MetallerInnen. Bei den Gruftis ist es vor allem eine angeblich besonders stark augeprägte Naturverbundenheit, die dann mehr und mehr in Richtung Heimatverbundenheit und Naturreligiosität ausschlägt. Diese sog. „Naturverbundenheit“ äußert sich bspw. in Fremdenfeindlichkeit, da diese Fremden ja nicht dieser Natur verbunden seien und somit diese Umwelt schädigten. Die Naturreligiosität wiederum führt sie in die Arme der deutschtümelnden NeugermanInnen/NeuheidInnen. Ein Irrweg, den diese Menschen oftmals beschreiten, ist der Glaube an Hexerei und die damit verbundene Angst vor der Kirche, die ja angeblich die hexenverfolgende Institution ist, und das seit dem Mittelalter. Wenn aber die Kirche, die von vielen Jugendlichen oftmals als „Feindin“ wahrgenommen wird, Hexen verfolgt, müssen diese Hexen gut sein. Etwas weit hergeholt... Auf der anderen Seite kommt hinzu, daß die Nazis verbreiten ließen, die Kirche sei schuld an der Verfolgung und Ermordung von 9 Millionen Hexen, die als „weise Frauen des Volkes“ und Trägerinnen des germanischen Glaubens gegolten hätten. An diesen Behauptungen ist nichts Wahres dran – die Zahl beruht nach wissenschaftlichen Untersuchungen auf methodisch völlig falschen Hochrechnungen aus dem 18.Jh.. Neuere Forschungen zeigen, daß in 350 Jahren, in denen die Verfolgungen stattfanden, in ganz Europa und den Kolonien etwa 50.000 Menschen wegen Hexerei hingerichtet wurden. Selbst wenn „zur Sicherheit“ die Zahl verdoppelt wird und vielleicht ebenso viele Menschen hinzugerechnet werden, die unter der Folter starben, bleibt eine erhebliche Differenz zu den 9 Millionen! Auch waren die verfolgten Hexen nicht ausschließlich weiblich – jede vierte Hexe war ein Mann. In manchen Regionen, besonders in Nordeuropa und im Alpenraum, stellten die verfolgten Frauen und Männer gleich große Opfergruppen. Weiterhin ist auch aufgrund neuerer Forschungen in Afrika und Asien belegbar, daß es eben nicht um die TrägerInnen der alten Religion ging, sondern daß gerade die Reste der alten Religion schuld am Aberglauben der Menschen waren, und somit zu Verfolgungen führen mußten. Soweit dieser kleine Exkurs in die Geschichte, der leider notwendig erscheint, um gewisse Vorurteile zu beseitigen.

 

 

 

Dennoch halten viele Gruftis an ihren Vorstellungen fest. Ähnlich wie in der Metal-Szene sind auch in ihrer Szene viele Vorurteile fest verankert. Ein rechtsextremer Gruftie sprach einmal davon, daß etwa 50% der Szene „irgendwie“ rechts seien. Er selber wäre schon gemeinsam mit Berliner Skinheads auf Ausländerjagd gewesen. Rechtsextreme Grufti-Bands gibt es ebenfalls sehr viele: Death In June, Kirlian Camera... Ein Konzert von Death In June in der Nähe Jenas, in Bucha, wurde von einem DJ des Kassablanca organisiert. Auf diesem Konzert war neben einigen bekannten Thüringer Nazis auch ein Stand des Thule-Seminars.

Natürlich soll nicht verschwiegen werden, daß es Widerstand gegen rechte Gruftis aus den Reihen der Gruftis selbst gibt: z.B. die Bremer Initiative „Gruftis gegen Rechts“. In Thüringen selbst? Fehlanzeige. Unterstützung erfahren rechte Gruftis, Metaler und sonstige Subkulturen oder Heimatverbundene durch die Esoterikszene, die gerade in Thüringen auf einige rechtsextreme ExponentInnen zurückgreifen kann.

 

 

 GAIA, ARUN und EQUINOX

 

Bekanntester rechtsextremer Esoteriker und Neuheide in Thüringen dürfte mittlerweile Stefan Björn Falko Ulbrich sein. Ulbrich nennt sich selber Björn, da dieser Name germanisch sei statt des christlichen Namens Stefan. Er war Horstführer der Wiking-Jugend und Redakteur der „Jungen Freiheit“. Er verkauft über seinen „GAIA-Versand“ einiges Zeug zu Drogen, Musik indigener Völker und ähnliches – aber auch CDs der rechtsextremen Band „Weißglut“, Keltenkreuze, Thorshämmer, Julleuchter nach dem Vorbild von Himmlers SS, Triskelen (dreiarmige Sonnenräder, also ein Arm weniger als das Hakenkreuz und damit eine gute Tarnung darstellen), Bücher aus dem durchaus rechtsextremen ARUN-Verlag von Julius Evola, einem Mussolini-Verehrer, von Konrad Lorenz, einem Sozialdarwinisten usw. Besitzer des Verlags, der auch in „Nation+Europa“ und „Junger Freiheit“ wirbt, ist – oh Wunder! – kein anderer als Stefan Ulbrich persönlich. Ulbrich hielt schon Vorträge u.a. bei der Burschenschaft Germania zu Hamburg 1996 und schrieb Bücher, in denen er die „multikulturelle“ Gesellschaft auf schärfste ablehnte. Im Handbuch Deutscher Rechtsextremismus werden Ulbrich und sein Verlag/Versand wie folgt beurteilt: „S. U. bringt mit seinem Buchprogramm seinen genuin <neurechten> Ansatz im Kulturbereich zum Ausdruck. Teile des Programms zielen in Richtung Alternativ-, Esoterik- und Ökologiebewegung. Die Einflußnahme in diese Richtung versucht Ulbrich mit dem GAIA-Versand, welcher als eine ideologische Vorfeldorganisation bezeichnet werden kann, auszubauen.“ (S. 400) Mit anderen Worten: Ulbrich ist gefährlich. Er sollte an seinem weiteren Vorhaben gehindert werden, indem nicht nur in der linken Szene über seine Person aufgeklärt wird, sondern auch am Ort seines Handelns, Engerda bei Rudolstadt, sollte Aufklärung betrieben werden.

Ebenso aufgeklärt werden muß über das „Equinox“ in der Jenaer Wagnergasse. Dieser kleine Esoterikladen im gleichen Haus wie der Naziladen „Madleys“ – das ist schon etwas mehr als Zufall: „Equinox“ verkauft eine ganze Anzahl Bücher, die den KundInnen und InhaberInnen des „Madleys“ ganz bestimmt zusagen. Der ARUN-Verlag dürfte über diesen Laden in Jena eine Menge Dummköpfe erreichen. Auch antisemitistische Literatur wurde schon feilgehalten, z.B. Geheimgesellschaften I“ von Jan van Helsing alias Udo Holey. Dieses Buch dürfte eines der wenigen sein, bei denen Verbot und Beschlagnahmung gerechtfertigt sind. Dennoch – oder gerade deswegen, Herr Cibulla? – wurde diese abscheuliche Machwerk (Ich weiß, wovon ich rede – ich habe es gelesen! Es ist erschreckend! d.A.) und sein Nachfolger nach dem Verbot im Schaufenster und in den Regalen des „Equinox“ gesehen. Auch später konnte im Laden ein Videointerview mit Holey gekauft werden. Ebenfalls merkwürdig sind die Texte, die der Inhaber des Ladens, eben jener Cibulla, im Internet veröffentlicht. Auch ihm sollte das Handeln erschwert werden! Und allen bisher ungenannten faschistoiden, faschistischen oder sonstwie rechtsextremen NeuheidInnen sowieso.

Mit diesem Teil soll diese kleine Serie beendet sein, auch wenn sie bisher unvollständig gewesen ist. Wer weiß, vielleicht erfolgt dereinst eine umfangreichere Nachfolgerin?

Der Dank d.A. gilt dem Infoladen&Archiv „Schwarzes Loch“ Jena, welcher zwar raumlos ist, aber dennoch behilflich bei der Suche nach Hintergrundwissen war.

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Todeslisten und Morde in Schweden

 

In Schweden wächst die Angst vor rechtsradikaler Gewalt. Im ganzen Land gingen Tausende auf die Straße, um an die Ermordung eines 41-jaehrigen Anarchosyndikalisten durch Neonazis zu erinnern. Zum ersten Mal schlossen sich alle Gewerkschaften des Landes zu dieser gemeinsamen Aktion zusammen. Wenige Stunden zuvor war ein Sprengstoffanschlag auf ein Büro der anarchistischen Gewerkschaftsorganisation SAC in der ostschwedischen Stadt Gaevle verübt worden. Verletzte gab es dabei jedoch nicht. Allein in Stockholm folgten bis zu 8000 Menschen dem Demonstrationsaufruf. Auch in Gaevle und dem nordschwedischen Lulea sowie in den südschwedischen Städten Goeteborg und Malmoe gab es Demonstrationen. Insgesamt demonstrierten ca. 40.000 Menschen gegen faschistische Gewalt. Um weitere Gewalttaten zu verhindern, stellte die Polizei vor den Büros der größten Gewerkschaften Wachen auf – vor einiger Zeit verharmloste die selbe Polizei und die Justizministerin noch Mord- und Sprengstoffanschläge. Sie erklärten, die Gefahr käme wie immer von links. In einer von der Tageszeitung "Dagens Nyheter" veröffentlichen Umfrage sprachen sich 70 Prozent aller SchwedInnen für ein Verbot rechtsradikaler Vereinigungen aus: Neonazis und Rechtsradikale - davor haben sie in diesem Herbst konkrete Angst. Sie ist so massiv, daß eine Reihe von Leuten, die sich bedroht fühlen, bereits Personenschutz bekommen haben. Ein leitender Kripobeamter fühlt sich so gefährdet, daß er seit Wochen in einem geheimen Versteck lebt.

 

Am 12.10.1999 war in Stockholm der anarchistische Gewerkschaftsaktivist Björn Soederberg im Alter von 41

Jahren erschossen worden. Es hatte an seiner Tür in der Stockholmer Innenstadt geklingelt - Soederberg öffnete die Tür und wurde von zwei Männern mit Kopfschüssen niedergestreckt. Eine Woche später konnte die Stockholmer Polizei drei Neonazis wegen Mordes verhaften. Ihr Tatmotiv war offenbar Rache: Björn Soederberg hatte einen Ausbeuter  darüber informiert, daß einer seiner Angestellten aktiver Neonazi ist und in seiner Arbeitszeit agitierte. Der junge Nazi verlor daraufhin seinen Job.

 

Der Mord an Soederberg war nicht der erste, bei dem die Täter aus dem rechtsradikalen Milieu kommen. Im Sommer wurden zwei Polizisten von Neonazis nach einem Banküberfall erschossen. Kurz darauf kamen ein bekannter schwedischer Journalist und sein 8jähriger Sohn beinahe ums Leben. An dem Auto des Journalisten, der seit Jahren über die Aktivitäten der Rechtsradikalen berichtet, war eine Bombe angebracht. Daß Vater und Sohn die Explosion überlebten, grenzt an ein Wunder.

 

Von weiteren Mordplänen erfuhren die Schweden am vergangenen Montag, als die Polizei bei Rechtsradikalen eine Liste mit 700 Namen fand. Alle Genannten sind politisch oder gewerkschaftlich aktiv. Die drei Neonazis, die Björn Soederberg ermordet hatten, trugen bei ihrer Festnahme eine Liste mit 25 Namen bei sich - offensichtlich hatten sie den  Auftrag, diese 25 Leute zu ermorden. Zu jedem Namen gab es ein Foto. Die Nazis hatten sich die Porträts über öffentliche Bibliotheken, bei der Polizei, den EinwohnerInnenmeldeämtern und den Universitäten besorgt.

 

Ganz oben auf der Todesliste steht der Kripobeamte Sten Axelsson. Er gilt in Schweden als hartnäckiger Rechercheur, der es sich zum Ziel gemacht hat, so viele Neonazis wie möglich zu überführen und zu verhaften. Axelsson ist eine Ausnahme, nicht nur in der schwedischen Polizei, und lebt deshalb seit einiger Zeit in einem Versteck und wird rund um die Uhr bewacht.

 

Auch in Deutschland existieren solche Listen. Betroffene werden in der Regel jedoch nicht einmal informiert, falls die Polizei einmal eine dieser Todeslisten in die Hände bekommt.

Deshalb:

DEN ANTIFASCHISTISCHEN SELBSTSCHUTZ ORGANISIEREN!!!

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Ausnahmezustand bei WTO-Konferenz in Seattle

 

Die offizielle Version: Seattle (dpa) - Der Welthandelskonferenz in Seattle droht angesichts brutaler Ausschreitungen und überforderter Sicherheitskräfte ein organisatorisches Desaster.

Zum Auftakt der Tagung der Welthandelsorganisation (WTO) am Dienstag (30.11.1999) mußte der Bürgermeister der Stadt im Bundesstaat Washington den Ausnahmezustand verkünden, eine nächtlich Ausgangssperre verhängen und den Einsatz der Nationalgarde anordnen. Unbeeindruckt von Straßensperren zogen gewalttätige Demonstranten durch die Stadt, blockierten die Zugänge zu den Tagungsstätten, griffen Delegierte an, zerschlugen Schaufensterscheiben und plünderten Geschäfte. Die Handelsminister aus 135 Mitgliedsstaaten wollten ihre Beratungen am Mittwoch fortsetzen.

Die Polizei setzte Tränengas und Hartgummigeschosse gegen die Randalierer ein. Etwa 25 wurden festgenommen. Von den insgesamt bis zu 50 000 Demonstranten protestierte der Großteil aber friedlich gegen die WTO, die bei ihrer so genannten Millenniumsrunde die Liberalisierung des Welthandels weiter voran bringen soll. Die Proteste richteten sich unter anderem dagegen, daß diese Pläne keine Rücksicht auf den Umweltschutz und soziale Standards nimmt.

Die Behörden reagierten auf die unerwartet heftigen Ausschreitungen am Dienstagabend mit der Verhängung des Ausnahmezustandes. Der Bürgermeister forderte Nationalgarde und Staatspolizei an, um die Lage in der Stadt unter Kontrolle zu halten. Die Eröffnungszeremonie der Welthandelsorganisation WTO war abgesagt worden, weil Straßenblockaden den Teilnehmern den Weg zum Tagungsgebäude versperrten.

Am Mittwoch wurde US-Präsident Bill Clinton in Seattle erwartet, der die Handelsminister der 135 WTO-Mitgliedsstaaten zu einem Mittagessen eingeladen hat. Die WTO will in Seattle ihre Marschroute für die weitere Liberalisierung des weltweiten Handels festlegen.

Auch in London gab es Ausschreitungen gegen den «globalen Kapitalismus». Polizisten wurden mit Flaschen und Steinen beworfen, ein Auto in Brand gesetzt. 40 Demonstranten wurden festgenommen, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. 500 Menschen waren insgesamt an den zehnstündigen Demonstrationen beteiligt.

Der Bürgermeister von Seattle erklärte die Innenstadt für die Nacht zum Mittwoch zum Sperrbezirk. «Die Situation ist außer Kontrolle», sagte ein Einsatzleiter der Polizei, bevor die Straßen der Innenstadt am Abend unter massivem Polizeieinsatz geräumt wurden. Nur Delegierte und Journalisten, die offiziell zur Konferenz zugelassen waren, durften noch auf die Straße. In den Randbezirken gingen die Straßenschlachten bis in den späten Abend weiter. Die Demonstranten werfen der WTO vor, eine die Umwelt und soziale Rechte gefährdende Politik zu fördern. Die US-Handelsbeauftragte Charlene Barshefsky äußerte Sympathie für die große Mehrheit der friedlichen Demonstranten. Ihre Anliegen spiegelten sich in den Vorschlägen der USA wider, diese Themen in der WTO stärker zu berücksichtigen. Ähnlich äußerte sich EU-Handelskommissar Pascal Lamy. Die gewalttätigen Ausschreitungen verurteilte Barshefsky scharf.

Bürgermeister Paul Schell verteidigte die zunächst zurückhaltende Taktik der Polizei, die die stundenlange Blockade der Konferenz zugelassen hatte. Die einzige Alternative wären Massenfestnahmen gewesen, sagte er auf einer Pressekonferenz. Dafür hätten nicht genügend Polizisten zur Verfügung gestanden. Außerdem wäre die Situation weiter angeheizt worden. Die Polizei habe ausgezeichnet gearbeitet, meinte Schell.

Diplomaten äußerten dagegen Unverständnis, daß die Polizei den Tagungsort nicht weiträumig abgesperrt hatte. «Das ist eine Schande für Amerika», sagte selbst ein US-Beamter. US-Außenministerin Madeleine Albright reiste nach zwei Stunden in Seattle unverrichteter Dinge wieder ab. UN-Generalsekretär Kofi Annan, der zum Auftakt der Konferenz ebenfalls reden wollte, blieb in seinem Hotel.

Fünf Stunden nach der geplanten Zeremonie eröffnete WTO- Generaldirektor Mike Moore die Konferenz schließlich formlos. Er sprach von einem sehr traurigen Tag. Demonstrationen seien ein wichtiges Element der Demokratie. «Aber Gewalt und destruktives Verhalten waren nie ein Teil dieses Prozesses.»

Die Handelsminister wollen in Seattle den Startschuss für eine neue Freihandelsrunde geben. Über den Umfang der angestrebten Verhandlungen gibt es noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten. Nach den Worten Barshefskys deutete sich aber bei einem der umstrittensten Themen, den Agrarsubventionen, eine Annäherung an. Insgesamt könne bereits von deutlichen Fortschritten bei der Vorbereitung der lange umstrittenen Abschlusserklärung gesprochen werden, sagte sie am Dienstagabend (Ortszeit).“

 

Die Erklärung: Laut WTO soll eine Liberalisierung des Weltmarktes bedeuten, daß alle Länder zu allen Märkten der Welt den gleichen Zugang haben sollen. Ohne die lästige Behinderung durch Zölle usw. sollen dann auch die rückständigsten Länder sich besser verkaufen dürfen. Vergessen gemacht werden soll dabei, daß die Menschen das Ziel dieser „Operation“ sind. Sie sollen rund um die Uhr zu möglichst überall gleich schlechten Bedingungen schuften. Die EG heuchelt, es ginge um die Wahrung sozialer Standarts in Europa, die auf der ganzen Welt gültig sein sollen. Aber so toll sind die Standarts hierzulande schon lange nicht mehr!

Es ist erfreulich, daß sich gerade im kapitalistischen Staat Nr. 1 Widerstand gezeigt hat – militanter Widerstand! Seit dem Ende des Vietnam-Krieges herrschte in den USA quasi eine Totenstille, die nur vereinzelt unterbrochen wurde, z.B. durch Proteste gegen die beabsichtigte Ermordung Mumia Abu-Jamals, bei einigen wenigen Faschoaufmärschen oder den Tompkin-Square-Krawallen gegen die Räumung besetzter Häuser in New York.

Der WTO sind die Menschen scheißegal – was zählt, sind die Profite.

 

Und noch ein bißchen, weils so schön war:

Wütende Omas, maskierte Anarchos und die WTO

Seattle (dpa) - Seattle gehört eigentlich zu den friedlichsten und freundlichsten amerikanischen Großstädten. Doch in dieser Woche ist sie Gastgeberin der Welthandelskonferenz, und das stört die Idylle im Nordwesten der USA nachhaltig.

Der Krach von Trillerpfeifen und Trommelwirbeln, Polizisten zu Pferde, auf dem Fahrrad und mit dem Spürhund, Demonstranten auf den Straßen, auf Bäumen und auf Kränen, tausende Handelspolitiker und Journalisten aus aller Welt - dies alles fließt in der Innenstadt zu einem brodelnden, lärmenden und manchmal auch explosiven Gemisch zusammen.

«Schließt McDonalds, verbrennt McDonalds» rufen maskierte Demonstranten, die gegen die Fenster des Schnellrestaurants trommeln. Andere Protestler mahnen zur Gewaltfreiheit, die Situation entspannt sich. Wenige Straßen weiter wiederholt sich die Szene vor dem Geschäft von Nike. Hier greifen schwer gerüstete Polizisten in Kampfanzügen ein und nehmen mehrere Demonstranten unter gellenden Schreien anderer militanter Gegner der Welthandelsorganisation WTO fest.

 

Die WTO-Konferenz hat in Seattle Demonstranten, Aktivisten und auch Spinner aus den ganzen USA zu der größten Protestwelle zusammengeführt, die das Land seit langem erlebt hat. Es ist eine höchst ungewöhnliche Allianz aus Gewerkschaften, Umweltschützern, Dritte-Welt-Aktivisten, Anarchisten und anderen Initiativen, die ansonsten wenig gemein haben und oft sogar gegensätzliche Anliegen verfolgen. Aber die Wut auf die WTO eint sie. In der für Außenstehende schwer zu durchschauenden Organisation mit Sitz in Genf haben sie offenkundig eine Adresse für so ziemlich alles Schlechte auf der Welt gefunden. Da demonstrieren die «Wütenden Omas» gemeinsam mit Stahlarbeitern, als Schildkröten verkleidete Tierschützer finden sich an der Seite maskierter Anarchos.

Diese unübersichtliche Koalition macht die Aktionen für die Veranstalter und die Polizei schwer kalkulierbar. Die Angst, dass Gewalt auf den Straßen ausbrechen oder gar ein Anschlag gegen die Delegationen aus 135 Ländern geschehen könnte, ist greifbar. Ein nächtlicher Einbruch in das Kongresszentrum führte am Montag zur Räumung und stundenlangen Schließung des Gebäudes. Hunderte Journalisten und andere Konferenzbesucher standen frierend auf der Straße. Anschließend waren so viele Polizisten im Kongresszentrum präsent wie bei kaum einer anderen internationalen Konferenz.

WTO-Generaldirektor Mike Moore müht sich unterdessen nach Kräften um die Ent-Dämonisierung seiner Organisation. «Die WTO ist keine Weltregierung, und niemand will sie dazu machen», versicherte er bei einem Treffen mit den Vertretern der gemäßigten WTO-Kritiker in den Nichtregierungsorganisationen. Die radikaleren Protestler auf der Straße hören das nicht, ihre Meinung ist ohnehin klar: «WTO ist Gift, WTO tötet» steht auf ihren Transparenten.“

 

Gasmasken in Seattle verboten

Seattle (AP) Der Bürgermeister von Seattle hat am Mittwoch den Verkauf und den Besitz von Gasmasken verboten. Nur die Polizei darf welche tragen. Damit soll sicher gestellt werden, dass von der Polizei gegen Demonstranten eingesetztes Tränengas und Reizsprays Wirkung zeigen können. Zu Beginn der Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in der nordwestamerikanischen Stadt war es zu massiven Protesten und gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Die Polizei hatte bei Demonstranten Gasmasken gefunden. Verstöße gegen die Anordnung von Bürgermeister Paul Schell können mit 500 Dollar (knapp

1.0 

Mark) und bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden.“ (Alle kursiven Stellen sind Originalnachrichten aus den „YAHOO SCHLAGZEILEN“.

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ANARCHIST BLACK CROSS: DENK DARAN - WIR SIND IMMER NOCH DA

Was ist das Anarchist Black Cross?

Der Ursprung des Anarchist Black Cross (ABC) geht zurück bis in die Zeit der Russischen Revolution. Ein Anarchistisches Rotes Kreuz wurde im zaristischen Rußland gegründet, um Hilfe für politische Gefangene und ihre Familien zu organisieren, aber auch zur Selbstverteidigung gegen Angriffe durch die Kosakenarmee.

Während des russischen Bürgerkrieges änderte die Organisation ihren Namen in Schwarzes Kreuz (Black Cross), um Verwechslungen mit dem Roten Kreuz zu vermeiden, welches Armen-Unterstützung im Land leistete. Nachdem die BolschwestInnen die Macht übernommen hatten, wurde das Schwarze Kreuz nach Berlin verlegt. Es fuhr dort fort Gefangenen des bolschewistischen Regimes zu helfen, ebenso wie den Opfern des italienischen Faschismus und anderen. Trotz der wachsenden Nachfrage brach das Black Cross in den 40er Jahren wegen mangelnder Finanzen zusammen.

In den späten 60er Jahren trat die Organisation in England wieder zu Tage, wo anfänglich daran gearbeitet wurde den Gefangenen aus dem spanischen Widerstand gegen Francos faschistisches Regime zu helfen. In den 80er Jahren breitete sich das ABC-Netzwerk aus, und kann heute wieder Gruppen in allen möglichen Regionen der Welt vorweisen.

 

Wir arbeiten an der Befreiung

Wir glauben, daß Gefängnisse keiner anderen Funktion dienen als der Erhaltung der herrschenden Klassen. Wir glauben ebenso, daß eine freie Gesellschaft alternative und effektive Wege finden muß, um mit antisozialen Vergehen umzugehen. Aber eine Abnahme der antisozialen Vergehen ist nur wahrscheinlich wenn sie begleitet wird von einer drastischen Veränderung in unseren ökonomischen, sozialen und politischen Systemen. Diese Umstände stehen an der Wurzel der antisozialen Vergehen, als auch der Gründe für ein

Gefängnissystem. Unser primäres Ziel ist es diese fundamentalen Veränderungen umzusetzen. Wir arbeiten an einer staatslosen, kooperativen/klassenlosen Gesellschaft, die frei von, auf Rasse und Geschlecht basierenden, Privilegien und Herrschaft ist. Aber um diese

Änderungen in der Gesellschaft hervorzubringen reicht es nicht aus die Graswurzelbewegungen aufzubauen, sondern wir müssen auch fähig sein sie zu verteidigen.  ABC verteidigt all jene, die gefangen genommen und verfolgt werden, weil sie Aktionen und Handlungen ausführen um unserer Bewegung und deren Ansichten zu helfen.

 

Unterstützt inhaftierte AktivistInnen

ABC beabsichtigt die Kämpfe der Gefangenen im allgemeinen und der politischen Häftlinge im besonderen zu erkennen, darzustellen und zu

unterstützen. Die Form, unter welcher sich unsere Solidarität ausdrückt, hängt von der jeweiligen, individuellen Situation ab. Einigen schicken wir finanzielle oder materielle Hilfe.  Mit anderen bleiben wir in Briefkontakt, machen Besuche, liefern politische Literatur oder diskutieren Strategien und Taktiken. Wir tun was auch immer möglich ist um zu verhindern, daß Gefangene vom Rest der Bewegung isoliert werden. Wir sammeln Geld für Gefangene oder ihre Soli-Komitees, eben für legale Fälle oder andere benötigte Sachen/Angelegenheiten. Wir organisieren Demonstrationen oder öffentliche Soli-Kampagnen für Gefangenen. Wir sehen die Inhaftierten als aktiven Teil unserer Bewegung an, und versuchen ihre Vergangenheit und ihre Potentiale aufrechtzuerhalten, indem wir als Bindeglied zwischen ihnen und dem fortlaufenden Kampf fungieren. Zunehmende Kommunikation zwischen den

AktivistInnen jenseits und diesseits der Mauern inspiriert den Widerstand auf beiden Seiten. Wir hoffen, daß wir einige AktivistInnen ermutigen und überzeugen können, daß sie bei einer etwaigen Verfolgung, wegen ihrer Aktivitäten, nicht von der Bewegung vergessen werden: wir werden uns um dich kümmern. Mittels ABC bauen wir die organisierte Unterstützung des

Widerstands auf.

 

Den Widerstand verteidigen

Neben der Solidaritätsarbeit mit Gefangenen hat sich ABC dem breiteren Widerstand verschrieben, in welchem viele dieser Gefangenen direkt involviert sind. Wir erachten es als unerlässlich über eine gute Organisation zu verfügen, wenn wir der organisierten Staatsrepression effektiv entgegentreten wollen und eine Niederlage vermeiden möchten.

Wenn die herrschende Macht herausgefordert wird, sei es in Südafrika, in Chile, Irland oder Kanada, kommt es unweigerlich zu gewaltsamen Repressionen und politischen Inhaftierungen, eben um so die herrschende Macht zu erhalten. 1989 haben wir das "Emergency Response Network" (ERN) aufgebaut, um so auf politische Übergriffe, Durchsuchungen, Todesurteile, Hungerstreiks, Folter und das Töten oder Inhaftieren von Leuten, mit denen wir uns solidarisch erklären, antworten zu können. Eine ERN Mobilisation bedeutet, daß weltweit ABC Gruppen und auch andere Organisationen Telegramme und e-mails verschicken, Telefonanrufe tätigen, Demonstrationen und andere Protestaktionen organisieren, und dies alles gleich innerhalb der ersten 48 Stunden.

So wurde vor einigen Jahren berichtet, daß zwei griechische Anarchisten festgehalten und gefoltert werden. Nachdem mittels ERN die ersten Demonstrationen, Mahnwachen, Faxe, Anrufe und Telegramme bei griechischen Botschaften weltweit eingegangen waren, wurden die beiden Genossen aus der Isolationshaft entlassen und ein Anwalt konnte sich mit ihnen in Verbindung setzen. Das internationale ABC Netzwerk spielt den einzigen Trumpf aus den Graswurzelgruppen haben: Solidarität.

 

Denk daran: Wir sind immer noch da

Wir entscheiden individuell von Fall zu Fall welche Inhaftierten wir unterstützen und in welcher Form und Ausmaß. Wir setzen die Priorität auf Fälle von politischen/politisierten Gefangenen und Kriegsgefangenen, weil dies unserer Auffassung vom Aufbau des Widerstands entspricht. Obschon eine Inhaftierung an sich "politisch" ist, werden politische Gefangene und Kriegsgefangene wegen ihrer Überzeugungen und Aktionen gesondert und spezifisch behandelt.Im Gegensatz zu Amnesty International fällen wir keine Urteile bezüglich gültiger und nicht-gültiger Ausdrucksformen des Widerstands: Gewaltfreiheit ist kein notwendiges Kriterium für Unterstützung und Solidarität.

Gegenüber anderen Organisationen, welche ebenfalls politische Gefangene unterstützen, beziehen wir auch jene mit ein, die durch ihre Knasterfahrung politisiert wurden. Viele "politisierten" Häftlinge erfahren erhöhte Belästigung wegen ihres Aktivismus innerhalb der Gefängnismauern.

 

Involviert werden

Es gibt viele Möglichkeiten und Wege an dieser Arbeit aktiv teil zu haben. Du oder deine Gruppe ihr könnt: der lokalen ABC Gruppe beitreten, eine eigenen ABC Gruppe gründen, Geld oder Materialien an ABC spenden, innerhalb des ERN Netzwerks aktiv werden oder als Individuum helfen Informationen über Gefangene zu verbreiten, Gefangenen schreiben, sie besuchen, Lesestoff schicken und vieles mehr. Wichtig ist nur, daß wir die inhaftierten GenossInnen nicht vergessen, und ihnen zeigen, daß wir jederzeit für sie da sind.

 

Für weitere Informationen (Flugis, Poster, Zeitschriften, Adressen) bezüglich ABC, politische Gefangene oder Repression usw. wendet euch einfach an Anarchist Black Cross (ABC) - Innsbruck:

LOM

Postlagernd

A - 6024 Innsbruck

Austria

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Presseerklärung: Polizei sucht nach "inoffiziellen Mitarbeiter(inne)n"

 

Seit ca. 2 Monaten erhält ein minderjähriger Jugendlicher aus dem Umfeld der linken Szene Anrufe offenbar von der Kriminalpolizei, die ihn als "inoffiziellen Mitarbeiter" anwerben will.

 

Den Jugendlichen werden wir im folgenden Peter nennen, der vollständige Name ist uns bekannt,  wird aber auf seinen Wunsch nicht von uns veröffentlicht. Wir stellen aber gerne Kontakt zwischen Ihnen und Peter her.

 

Den ersten Anruf erhielt Peter in der Woche vom 18.-24.10.99, kurz vor den Oktoberferien. Er wurde von einer Frau, die sich als Polizistin der Kriminalpolizei vorstellte, gefragt, ob er etwas über den Aufenthaltsort eines anderen Jungen wüßte. Dieser andere Jugendliche war von zu Hause weggelaufen. Peter sagte, er wüßte nichts und habe sich aus der Punkszene zurückgezogen. Darauf folgte die Frage, was er denn jetzt machen würde. Er wiederholte daraufhin, daß er sich aus der Punkszene zurückgezogen habe.

 

Der zweite Anruf folgte am Samstag, den 30.10. gegen 12 Uhr. Dieses Mal meldeten sich zwei Männer der, wie sie angaben, Kriminalpolizei und erzählten Peter, daß sie wüßten was er machen würde, nämlich, daß er Treffen und Veranstaltungen der "antifaschistischen Szene" besuchen würde. Sie bemerkten, daß dies ein Fehler sei. Weiter sagten sie, daß Peter es sich leichter machen könne.

 

Der dritte Anruf folgte am Donnerstag, den 4.11. gegen 17 Uhr. Trotz zweimaligen Auflegens riefen die Polizeibeamten wieder an und sagten, sie hätten "Informationen über die antifaschistische Szene".

 

Der bisher letzte Anruf folgte am Montag, den 8.11. gegen 18 Uhr. Dieses mal sprachen die Polizeibeamten von "Vorteilen" einer "Kooperation" und fragten Peter, was er von der Szene wisse. Peter antwortete, daß er nichts Interessantes wisse. Er wurde weiterhin gefragt, ob er die Szene für zu intellektuell halte, ob sie zu theoretisch sei. Peter antwortete, daß er das "zeitweise" so sehe. Das Gespräch wurde mit der Aufforderung durch die Polizei beendet, er solle über das Angebot nachdenken.

 

Ein Pressesprecher des Infoladen Sabotnik –„Klaus Meyer“– bezeichnete dieses Vorgehen, als einen Skandal. Immer wieder würde es bundesweit solche Versuche geben, über Jugendliche aus dem "Umfeld oppositioneller Szenen und Gruppen", an Informationen über diese zu gelangen. Es habe System, so er weiter, daß vor allem "minderjährige Jugendliche angesprochen" und "unter Druck gesetzt" würden und das, "wenn keine anderen Zeugen/Zeuginnen anwesend sind". Das Anwerben von "inoffiziellen Mitarbeiter(inne)n"  gegen oppositionelle (und intellektuelle) Gruppen zeige, daß in "Polizeikreisen kein demokratisches Verständnis" herrsche.

 

Klaus Meyer stellte fest, daß es schwierig sein werde, der Polizei ihr Vorgehen nachzuweisen, da sie darauf achte, Peter immer allein zu erreichen. Er bemerkte jedoch weiterhin, daß dies kein Grund sei, "den geheimdienstlichen Anwerbversuch" nicht öffentlich zu machen. Der Infoladen Sabotnik habe sich bemüht, die Geschichte so detailliert wie möglich zu recherchieren und würde sich bei seinen Informationen auf die Gedächtnisprotokolle von Peter stützen.

 

Klaus Meyer riet allen Jugendlichen, die ähnliche Anrufe erhalten, diese öffentlich zu machen. Denn nichts würden "geheimdienstähnlich arbeitende Strukturen" mehr fürchten als die Öffentlichkeit. Dazu sei dieses Vorgehen nicht einmal rechtsstaatlich gedeckt, da die Polizei nur Verhöre zur konkreten Straftatenverhinderung durchführen dürfe.

                                                                       Infoladen Sabotnik Erfurt

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Anna! Arthur! Haltet die Schnauze!

 

Und es ist glaube mal wieder an der Zeit ein paar Worte fallen zu lassen. Nicht gerade unbegründet, da hört mensch von dort eine Äußerung über einen Verdacht, daß dieseR mit den VS im Kontakt ist. Ein Verdacht? Und wie heißt es damit umzugehen? Schließlich, wenn einmal ein solcher gefallen ist, dann ist dieser auch unschwer, verständlicherweise, auszuräumen, auch wenn mensch die Person zur Rede stellen tut. Doch weiterhin dem entgegen, gilt es hierfür stichhaltige Beweise zu finden und auch dran zu bleiben an der Suche nach solchen, und dabei sorgfältig und genau zu sein. Doch weg erst mal von dem, denn schließlich sollte es auch allgemein und unabhängig von Verdächtigungen heißen, mit Leuten darüber zu diskutieren, wie die Gruppe bzw. der/die Einzelne mit den Taktiken des VS umgehen kann, sowie das Thema VS/Spitzeltum nicht aus den Augen zu verlieren, was auch heißt, wie gehe ich oder die Gruppe mit Informationen um. Schließlich sollte auch jeden bewußt sein, das sich die Spitzeltätigkeit der StaatsschützerInnen nicht nur auf das Anquatschen, Fangen von Leuten aus der Szene oder dem Einschleusen in sie beschränkt, sondern dieser Staat auch seinen gesamten elektronischen Apparat auffährt, um abzuhören und zu lauschen, Daten zu sammeln und auszuwerten. Was auch in diesem Rahmen besonders wichtig wird, wenn die/der Einzelne oder die Gruppe die elektronischen Werkzeuge wie PC, Telephon, Internet verwendet. Da diese Dinge einen sensiblen Knoten darstellen (zwecks der Technik halt) an Information / Daten heran zu kommen. Daher sollte das Prinzip Schnauze halten in der Kommunikation durch / mit diesen Mitteln genauso anwendbar (innerhalb des Rahmens der Bedingungen) sein, wie eben auch ich die Schnauze halte und ich mich nicht als HeldIn brüskiere und von der Aktion dort oder dort erzähle - schließlich gefährde ich mich dabei nicht nur alleine, sondern auch andere durch ihre MitwisserInnenschaft: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!  Natürlich ist das Prinzip Schnauze halten nur innerhalb eines Rahmens machbar, z.B. wenn der PC als Werkzeug eine wichtige Rolle spielt für eine Aktion. Daher gilt es, das Prinzip dahin gehend anzuwenden, innerhalb einer Kommunikation über elektronische Medien auf eine adäquate Verschlüsselung zu bauen, wie Kryptographie bzw. Steganographie. ( Auch immer dann, wenn es das Ziel ist, sich einen geschützten Raum zu erhalten, ob privat (denn auch dort gibt es Dinge, die nicht jedeN etwas angehen) oder in einer Gruppe. Was gerade bei den Stand der Abhöhrtechnik, wie Echolon, und der Beachtung des Datenschutzes einer Privatsphäre, eine nicht unbedeutende Rolle ist.)

„Doch warum aber sollten wir auf dem PC mit Techniken, wie Kryptographie, arbeiten?“ Gegenfrage: Wie schnell passiert es denn, das eine sensible Datei auf der Festplatte einfach so landet und ich sie später zu löschen vergesse? Selbst dann, wenn ich sie lösche, sind die Wiederherstellungsverfahren so gut, das sie nach mehrmaligen Überschreiben mit anderen Daten, die Datei wieder hergestellt werden kann. Und schließlich sollte es auch jeden bewußt sein, daß es Gang und Gebe ist bei einer Hausdurchsuchung, daß der PC mit aufs Revier geht.   

Nun würden viele natürlich mit ihren Gegenargumenten kommen und meinen: „Was wollen die Damen und Herren bei mir schon finden? Schließlich arbeite ich politisch im legalen Rahmen. Das was auf meinen PC ist, kann wohl kaum gefährlich sein.“ Doch sollte diese Aussage einmal überdacht werden mit dem Punkt: Wer bestimmt den legalen Rahmen und zieht die Grenze zur Illegalität, kriminalisiert bei Bedarf unsere Handlungen? Wer definiert, was gefährlich ist in diesem Land? Diese Definitionen setzen mit Sicherheit nicht wir. Somit können wir nie genau wissen, ab wann die politische Praxis den legalen Rahmen sprengt, besonders dann, wenn meine politischen Ziele nicht mit dem Grundsatz der herrschenden Politik vereinbar sind.

„Doch wenn ich nichts <illegales> auf meinen PC habe, so können sie mir doch nichts.“ Theoretisch gesehen ja, aber wie sieht die Praxis aus? Nimm mal an, du hast vor einen Aufsatz zu schreiben für die Schule über den Widerstand der Anti-Atombewegung. So, nun hast noch einen Internetanschluß und surfst erst mal los, was sich dort alles finden läßt und damit du Onlinekosten sparst, speicherst du alles ab auf der Festplatte. Nun wird’s interessant. Raus aus dem Internet, und du schaust dir an, was du alles gefunden hast. Du stößt auf einen Artikel, auf dem erläutert steht, was es bedeutet, eine Straßen zu untergraben oder für was doch bäuerliches Werkzeug alles gut sein kann. Ja und nun stelle die Frage nach den legalen Rahmen dieses Artikel, stelle die Frage, ob die Bullen dich nicht auch fragen würden über diesen Artikel, was wohl diese Datei auf deiner Festplatte macht: „Ach, waren sie nicht auch dort und dort?“ (Natürlich solltest du nie auf die Fragen der StaatsschützerInnen antworten, nie und nimmer.)

„Doch warum sollten sie gerade bei mir eine Hausdurchsuchung machen? Ich habe doch nichts verbrochen!“ Das mußt du auch nicht. Eine Hausdurchsuchung muß nicht dann erst folgen, wenn dir ein konkreter Strafbestand nachgewiesen wird oder werden soll, und sie muß nicht auch unbedingt das Ziel verfolgen dich hinter Gittern zu bringen. Hausdurchsuchung ist ein strategisches Mittel der Bullen, eine Bewegung, eine Organisation, Personen zu kriminalisieren, zu spalten und um das politische Bewußtsein der Leute zu brechen. Für eine Hausdurchsuchung reicht allgemein die Assoziation eines Straftatbestandes bzw. Verdachtes, der mit dieser Bewegung in Verbindung gebracht wird. Schließlich soll ja diese Maßnahme angeblich darüber aufklären. Und wenn sie dann bei dieser deinen PC mitnehmen und die Texte für deinen Aufsatz finden, dann kann das natürlich ein gefundenes Fressen sein, dich vorzuladen und unter Druck zu setzen zu wollen: Was hat es damit auf sich? Warum haben sie gerade diesen Artikel auf ihren Rechner? (Natürlich heißt es auch darauf , Anna und Arthur und auch du halten’s Maul.)

Noch ein kleiner Abstieg: Wieso Maul halten? Auch wenn du denkst, daß du keinen „Dreck“ am Stecken hast. Bedenke, die StaatsschützerInnen haben nicht nur dich im Auge, sondern auch andere. Schließlich wollen sie ihre Beweislage sichern und brauchen somit konkrete Informationen, in den die Beweislage sehr dünn ist. Auch wollen sie die Struktur der Szene durchleuchten und erfassen: Wer kennt wenn? Wer arbeitet in welchen politischen Zusammenhängen? Sowie eine generelle Einschüchterung und Spaltung der Bewegung erreichen. Auch wenn du denkst, das du nichts Bedeutendes sagst oder sagen kannst und du laberst mit ihnen über Gott und die Welt - bedenke, die Bullen sind rhetorisch geschult und somit geübt, auch aus „banalen“ Themen und deiner Reaktion auf ihre Fragen Schlußfolgerungen zu ziehen, sowie dich im Gespräch zu lenken und zu manipulieren zu ihren Zwecken. So lenken sie z.B. mal ganz schnell von einen „banalen“ Thema zu einen anderen um, ohne das du es so schnell mitschneidest. Daher gilt Schnauze halten. Lasse dich nicht auf ihre Kommunikation ein. Es ist der sicherste Weg dich nicht selbst irgendwo zum verstricken und auch andere. Du weißt nie, an welchem Puzzle die StaatsschützerInnen gerade arbeiten. So kann eine einfache Bemerkung über eineN FreundIn von dir ein bedeutendes fehlendes Teil für sie sein. Bedenke immer, es gibt keine entlastenden Aussagen. Das Ziel ist immer, etwas Belastendes zu finden. Auch wenn sie versuchen, dich unter Druck zu setzen, wo du merken kannst, wie wichtig es ist für sie ist, Beweise zu sichern um weiter gezielt handeln zu können. Bedenke auch immer, du weißt nie, was sie über dich wissen (Sie werden es dir wohl kaum auf die Nase binden, auch wenn sie so tun.) Gehe keine Kooperation mit ihnen ein. Es ist nur, wie die Druckmittel, ein weiterer Versuch, aus dir Infos zu holen, und du weißt auch in diesem Fall nicht, was sie wissen und wie weit die Aussagen dich selbst belasten können und andere. Nichts sagen, nur das ist sicher! Anna und Arthur halten’s Maul! Rede nach einer Vernehmung mit vertrauten GenossInnen, FreundInnen darüber, wie es dir/euch ergangenen ist, was und wie es abgelaufen ist, was geäußert wurde. Das verschafft Sicherheit und Vertrauen!

Zum Ende noch. Nicht nur ein kleiner Artikel kann für die Bullen interessant sein. Auch die vielen anderen Infos können von Bedeutung sein. Wie zum Beispiel ein Addressendatenbank, oder auch persönliche Briefe, Mails. So bietet z.B. die Analyse des Internetbrowsers Infos über das, was dich gerade beschäftigt im Net. Dieses scheinen vielleicht belanglose Dinge zu sein für die Bullen, zumindest für den zu ermittelten Tatbestand. Doch gehe davon aus, das sie die Daten sammeln und auch analysieren können, um somit z.B. deine Persönlichkeitsstruktur kennen zu lernen. Das mag nicht wichtig klingen, ist es aber, wenn es darum geht, dich z.B. unter Druck zu setzen.


Schluß? Nein. Ein letztes. Da der PC für viele Leute wichtig geworden ist und auch erschwinglich für den persönlichen Gebrauch, somit mehr und mehr auch private Sachen in ihm Platz finden, wie z.B. eine Hausarbeit oder Briefe, ist es notwendig, seine Privatsphäre auch auf dem Gebiet zu schützen vor den Zugriff von „unliebsamen“ Augen. Wenn es nicht gerade die Bullen sind, so kann es auch bei einen gemeinschaftlichen Nutzen des Rechners die eigene Mutter oder einE WG-MitbewohnerIn sein, die dann vielleicht noch blöde Fragen stellen tut. Darum, wenn dir auch deine Privatsphäre lieb ist, nutze Kryptographie, sowie Betriebssysteme, die dir eine bestmögliche Privatsphäre einräumen. (Gerade auch dann, wenn du ins Internet gehen tust und dein Rechner nicht gerade offen sein sollte wie ein Buch.)  Verwendet Kryptographische Systeme, verhindert  ein Kryptographieverbot! Macht es den Bullen und auch anderen (wie Nazis, denen bei einen Einbruch der Rechner in die Hände fallen kann) so schwer wie möglich, an sensible Daten ranzukommen. Es ist gewonnene Zeit und vermeidet Ärger!

 


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